ARTus zur Ausstellung „Menschen und Ufer“ im Herrenhaus Libnow,
in der Ostsee-Zeitung Rügen im November 2012
„Schwarzes Schilf vor hellem Grund“
Von Putbus auf Rügen nach Libnow nahe Usedom fährt man mit dem Auto keine zwei Stunden, aber auch die wollen bravourös bewältigt sein. Gut Libnow liegt nahe Lassan, der „alten Stadt am Peenestrom“, die Biermann bei seinem Köln-Auftritt 1976 in den Fokus deutsch-deutscher Befindlichkeiten katapultierte; das aber nur am Rande. Die Fahrt lohnt und überrascht am Ziel mit einem etwas versteckt liegenden Herrenhaus im stattlichen Tudorstil, dessen Potentiale Außen wie Innen sich dem erschließen, der in Sachen Kultur Überraschungen liebt. Der früher marode Bau wurde von den neuen, kunstsinnigen Eigentümern ab 2000 sorgsam restauriert und macht von Jahr zu Jahr mehr Furor unter anderem mit seiner Galerie und Kunsthandlung „arte deposito“. Ich fand unter 65 ausgestellten Wegehaupt-Arbeiten zum Thema „Menschen und Ufer“ viele rote Punkte. Das freut mich ungemein, der Mühen der Galerie und der des sympathischen Künstlers wegen, den ich seit den 1980er Jahren kenne und schätze. Die KulturStiftung Rügen besitzt in ihrer Sammlung ein großes Mischtechnik-Blatt von 1999, das sich „Ufersaum“ nennt und das Matthias Wegehaupt Ende Januar 2005 stiftete. Die in Libnow bis zum 27. Oktober 2012 ausgestellten Arbeiten waren überwiegend jüngeren Datums. Sie verweisen auf einen Künstler, der immer noch „unterwegs“ ist, sich formal offen hält und über immer wieder neue Wagnisse „lebendig“ bleibt. Zum Abschluss seiner Ausstellung lass Matthias Wegehaupt aus seinem 2012 bei Aufbau in Berlin erschienenen Roman „Schwarzes Schilf“, der laut Klappentext „die großen Fragen der modernen Existenz voll innerem Ernst und mit ruheloser Sehnsucht umkreist“. Während der Lesung träumte ich mich in mein Lieblingsbild, das sich „Der Fährmann“ nennt und in der Halle der Galerie nur noch für die Dauer der Lesung hing. Die Bilder des Malers und die Worte des Autors klingen bis heute nach, so gesehen „als seltsam verwandelte Stimmen“ eigener Antriebe. Danke!